Gelehrte Anzeigen auf das Jahr 1790
Beschreibung der Feierlichkeiten bei der
Einweihung der Schlosskapelle zu Jahnishausen
Jahnishausen: Das Reformationsfest, welches
auf den zweiten Sonntag nach Trinitatis fiel. war für Jahnishausen ein
höchstfeierlicher und helliger Tag, in dem an zu Folge eines gnädigsten
Rescripts aus dem hohen Oberconfistorio zu Dresden vom 27. September
1790. Die von dem damaligen Hochadligen Besitzer dieses Ortes, dem Herrn
Hauptmann Christoph Dittrich von Plötz binnen 7 Monaten aus ihren
vorigen Ruinen wieder herstellte und neuerbaute Schlosskapelle sehr
feierlich einweihte. Ihr erster Stifter war der Herr Rittmeister. August
von Kötteritz auf Jahnishausen und sie wurde am 15. Sonntage nach
Trinitatis am 23. September 1666 das erste mal eingeweiht. Seit 36
Jahren war hier kein öffentlicher Gottesdienst gehalten worden, weil
man ihre Baufälligkeit für gefährlicher hielt, als sie es wirklich
war, aber durch Ihre so lange Verödung wurde. Sobald hochgedachter Herr
von Plötz das Schloss Jahnishausen im Besitz genommen hatte, war es
eine ihrer ersten Sorgen dieses verödete Gotteshaus wieder
herzustellen, und die so lange aufgesetzten öffentlichen
Gottesverehrungen an diesem Orte wieder zu veranstalten. In solcher
Absicht ließen sie schon vor zwei Jahren mit hoher Genehmigung in ihrem
neuerbauten Schlosse einen großen Betsaal anlegen und so einrichten,
dass darin öffentlicher Gottesdienst gehalten werden konnte, welches
dann auch nach der hier eingeführten Ordnung ununterbrochen geschah. Zu
Ostern diesen Jahres wurde die ernstliche Anstatt zur Erbauung der neuen
Kapelle gemacht, und von daran der Bau so eifrig betrieben, dass sie im
Oktober schon, bis auf den Turm, völlig fertig war. Nun erschien
endlich der gewünschte Tag ihrer Einweihung, welche auf folgende Art
geschah.
Früh um 4 Uhr schon wurde hier in den benachbarten drei unter
Jahnishausener Jurisdiction gehörigen Kirchen zu Pausitz, Prausitz und
Mehltheuer mit Läutung aller Glocken dieser frohe Tag angekündigt.
Nach 8 Uhr versammelte sich der Herr Collator. die beiden Herrn
Superintendanten von Heyn um Oschatz nebst benachbarten und hierzu
verschriebenen Pfarrern und noch mehreren vornehmen Zeugen dieser
Feierlichkeit in dem herrschaftlichen Zimmer. Von hier begab man sich in
den Betsaal, wo sich Herr Collator und die beiden Herrn Superintendanten
mit den Geistlichen zu beiden Seiten befindlichen Altartisches stellte.
Das Lied: "Seid stille Sinn und Geist..." wurde angestimmt,
und nach dessen Ende trat Herr D. Schubarth von Heyn vor den Altar und
hielt vor einer großen Versammlung eine dieser Handlung angemessene,
kurze aber bündige und rührende Abschiedsrede von diesem öffentlichen
Betorte. Dann wurde gesungen: "Unsern Ausgang segne Gott...",
der Herr Superintendant gab von denen auf den Altar befindlichen Büchern
und heiligen Gesetzen, nebst dem stark vergoldeten Kruzifix, von dem
jeder Geistlicher ein Stück zu tragen hatte. Die Prozession stellte
sich in Ordnung und der Zug von hier aus dem Schlosse nach der in einer
kleinen Entfernung von derselben gelegenen Kapellen begann nun unter Läutung
aller Glocken.
Voraus gingen 2 Kinderlehrer, welchen 50 mit Kränzen geschmückte
Schulmädchen nachfolgten, und hinter diesen 2 Schulmeister, welche
schon im Saale das Lied: "Nun lob' mein Seel' den Herrn..." zu
singen anfingen, unter welchem Gesänge auch der Zug bis in die neue
Kapelle fortging. Hinter der Schule folgten die Geistlichen mit ihren
heiligen Büchern, Gefäßen und dem Kruzifix. Nach diesem kam der Herr
Collator. welchen der Herr Superintendant zu Heyn und der Jahnishausener
Herr Gerichtsdirektor zur Seiten ging. Hierauf schlossen sich die
Baugewerken samt den Gerichtspersonen und der Gemeinde an den Zug mit
an. Als man vor die verschlossene Kapelle kam, stellten sich die Lehrer
mit ihren Schülerinnen und die Geistlichen zu beiden Seiten. Der Herr
Superintendant collectierte: "Macht die Tore weit! Halleluja",
der Chor antwortete: "Und die Türen in der Welt hoch!
Halleluja." Sogleich trat der Maurermeister hervor und übergab dem
Herrn Collator den Schlüssel zu dem neuen Gotteshause und sie selbst
schlossen die Kirchtür auf. Der Zug ging in die Kirche hinein. Die
Schulkinder versammelten sich auf dem Platze vor dem Altar, den zu
beiden Seiten der Herr Superintendant von Heyn mit den Geistlichen
stand. Von innen nahm nun derselbe Bücher, Gefäße und Kruzifix und
legte und setzte solche auf den neuen Altar. Nach Ende des Liedes kniete
derselbe nebst den beiden ältesten Geistlichen vor den Altar, und
verrichtete mit ihnen ein stilles Gebet. Dann fing der Chor das Kyrie
an. Gloria in excelfis Deo sang gedachter Herr Ephorus. Nach dem hierzu
gehörigem Gesange: "Allein Gott in der Höh sei Ehr!"
collectierte der Pastor Senior von Pausitz und verlas statt der Epistel
den 46. Psalm. Vor Verlesung des Evangeliums aus dem l. Buch der Könige
Kapitel 8 vom 28. 29. 30. wurde gesungen: "Herr! Öffne mir die
Herzenstür - und nach dem Evangelio führte der Herr Kantor Weiske aus
Meißen eine vortreffliche Kirchenmusik auf, nach welcher der Glaube
gesungen wurde. Der Herr D. Schubarth betrat hierauf mit einem
Herzerbebenden Gebet die Kanzel, und hielt über die eben angeführte
Stelle aus dem ersten Buche der Könige bei größter Stille einer sehr
großen Menge Zuhörer, mit aller Würde eines beredeten geistlichen
Redners, eine geistvolle, gründliche und rührende Predigt, in welcher
derselbe die Forderung des wahren Dienstes Gottes durch bequeme Kirchen,
aus folgenden drei Sätzen bewies:
1. Gotteshäuser laute Zeugen einer göttlichen Vorsehung sind, welche
über die Erhaltung der christlichen Religion wacht,
2. weil die Verhandlungen, welche die Christen an solchen Orten
vornehmen, allesamt auf die wahre Verehrung Gottes abzielen,
3. weil endlich in den Versammlungen der Christen an solchen Orten ein
angenehmes Vorspiel von dem größten Seeligkeiten angetroffen wird,
welchen die Verehrer Jesu in dem künftigen ewigen Leben zu erwarten
haben. Zum Kanzelliede war: "Verleih uns Frieden gnädlich...",
gewählt und nach der Predigt wurde eine Musik aufgeführt, darauf der
Kirchensegen gesprochen und dann unter Schalle der Trompeten und mehrere
blasenden Instrumenten mit dem Liede: "Nun danket alte
Gott..." diese feierliche Handlung beschlossen wurde. Unter
Vertretung einer gewissen Anzahl Hausboisten von der Armee und ihrer
Musik ging der Zug aus der Kirche wieder zurück in das hochadligen
Schloss. wo als denn an einer
Geschmackvollen Tafel von 33 Personen, bei einer Tafelmusik mit
untermischten
Trompeten und Paukenschall, auch Abfeuerung einiger kleinen Kanonen zu
dem ausgebrachten Gesundheiten, gespeist und dieser feierliche Tag in größter
Freude und Zufriedenheit aller Anwesenden geendet hatte.
Man kann übrigens dem Publikum die Hoffnung machen, dass, so wie
bereits D.
Meißner, damaliger Superintendant in Heyn, die erste Einweihung dieser
Kapelle durch die 1667 in Druck gegebene Geschichte, unvergesslich
gemacht hat, nun auch diese 2. auf gleiche Weise ausführlicher
beschrieben werden soll.
